Sind Kurzwaffen tatsächlich sinnvolle Begleiter auf Nachsuchen? Teil 1 zum Thema beleuchtet den Aspekt der Tötungswirkung.
Zum Thema “Kurzwaffen und Nachsuche” gibt es viele interessante und wichtige Aspekte. Gleich mit zweit Beiträgen setzen wir uns mit dem Thema auseiander:
Teil I – Tötungswirkung
Teil II – Sicherheit
Im Bundesjagdgesetz gibt es im § 19 Ziff. 2 drei Abschnitte in denen die Mindestgeschossenergie vorgeschrieben wird: Bei Fangschüssen wird eine Mindestenergie von 200 Joule an der Geschossmündung verlangt, bei der Jagd auf Rehwild wird auf 100 m eine Mindest-Auftreffenergie (E100) von 1000 Joule vorgegeben und beim übrigen Schalenwild sind 2000 Joule vorgeschrieben.
Setzt man eine Kurzwaffe bei Nachsuchen ein, sollte man sich vorher über die tatsächliche Geschossenergie der geführten Waffe im Klaren sein. So bringt es ein Revolver mit 6 Zoll Lauflänge im Kaliber .357 Magnum auf eine Mündungsenergie von 845 Joule. Je nach Laborierung und Lauflänge schwankt die Mündungsenenergie bei der .357 Magnum zwischen 680 und 1140 Joule. Wenn man davon ausgeht, dass mit jedem Meter Entfernung von der Laufmündung weitere Energie verloren geht. wird schnell klar, dass man mit der vermeintlich großkalibrigen und durchschlagkräftigen Waffe in den meisten Fällen nicht einmal die Auftreffenergie erreicht, die für ein Stück Rehwild gesetzlich vorgeschrieben ist. Zum Vergleich: Einer Langwaffe im Kaliber 30-06 hat eine Mündungsenergie von 3.500 – 4.000 Joule und eine E100 von immerhin 2.500 – 3.200 Joule. Damit erreicht man also ein Vielfaches der Energie, die ein Kurzwaffengeschoss erreicht.
Nun könnte man einwenden, dass die für Fangschüsse vorgeschriebene Energie nur 200 Joule beträgt und diese erreicht wird. Jedoch ist Fangschuss nicht gleich Fangschuss. M. E. meinte der Gesetzgeber mit Fangschuss den Schuss auf kürzeste Distanz (< 1m), wenn es darum geht schwerstverletztes, völlig immobiles Wild zu erlösen. Solche Situationen kann es z. B. nach Wildunfällen geben. Hier kann man einen präzisen und sofort tödlichen Schuss antragen, bei dem die vorgegebene Geschossenergie sicher ausreichend ist.
Doch bei Fangschüssen, die bei Nachsuchen erforderlich werden, stellt sich die Situation in der Regel völlig anders dar. Übliche Schussdistanzen bei Nachsuchen liegen bei 10 m – 30 m. Da das Wild in diesen Situationen meist noch über eine (eingeschränkte) Mobilität verfügt, versucht man eine möglichst große Distanz einzuhalten, um Flucht- oder Angriffsverhalten zu vermeiden. Eine Schussabgabe in der gleichen Präzision wie beim “einfachen” Fangschuss ist wegen der Entfernung, der Bewegung des Ziels und der eigenen Anspannung nicht möglich. Trotzdem muss sichergestellt sein, dass zentrale Treffer schnell tödlich wirken und zudem aus Gründen der Eigensicherung eine hohe Stoppwirkung gegeben ist.
Selbst mit großkalibrigen Kurzwaffen ist dieses Ziel aufgrund der unzureichenden Geschossenergie nicht zu erreichen! Kurzwaffen sind daher für Nachsuchen grundsätzlich ungeeignet! Die Anforderungen an Geschosswirkungen bei einer Nachsuche können zuverlässig nur mit einer Langwaffe erreicht werden!