Wer einen eigenen Jaghund hat, wird früher oder später Gelegenheit zur Nachsuche haben. Was sollte man dabei beachten?

62% aller Jägerhaushalte haben einen Hund. Diese Zahl wurde kürzlich von einer bekannten Jagdzeitschrift ermittelt. Ganz unabhängig von Rasse und Einsatzgebiet ist es sehr efreulich, dass so viele Jäger über einen Hund verfügen. Denn ohne Hunde wäre Jagd weniger erfolgreich und tierschutzrechtlich nicht vertretbar. Jagd und Hund sind daher untrennbar miteinander verbunden.

Fragt man Hundeführer nach dem Einsatzbereich ihrer Hunde, so fallen die Antworten je nach Rasse und Ausbildungsstand ganz unterschiedlich aus. Doch für einen Aufgabenbereich gibt es eine große Übereinstimmung: Die Nachsuche! Fast alle Hundeführer geben an, dass sie ihren Hund zur Nachsuche brauchen. Wer schon gesehen hat, mit welcher Leichtigkeit ein Hund ein beschossenes Stück Wild findet, dass man trotz kurzer Fluchtstrecke und verzweifelter Selbstsuche nicht finden konnte, lernt schnell die Hilfe durch den Vierbeiner zu schätzen.

Für jeden Hundeführer ist es ein Höhepunkt, wenn er seinen Hund zur Nachsuche einsetzen kann. Nur leider schlägt “die große Stunde” nicht so oft. Umso größer dann die Freude und der Ehrgeiz, wenn es endlich soweit ist. In vielen Fällen sind diese Nachsuchen von Erfolg gekrönt, denn Stehzeiten und Fluchtstrecken sind meist kurz. Für Hundeführer und Hund sind erfolgreiche Nachsuchen in jedem Falle ein besonderes und schönes Erlebnis, dass Beide mit Stolz erfüllt.

Ist am Anschuss und im Fährtenverlauf regelmäßig Schweiß zu finden, so ist sich der Hundeführer meist sicher, dass das Stück gleich liegen muss. Uns so läuft er voller Vorfreude los und folgt seinem Hund. Aber aufgepasst: Euphorie macht blind!

Aus dem Vorhandensein von Schweiß lässt sich noch lange nicht schließen, dass man es mit einer Totsuche zu tun hat. Hier sollte man sich nie von der Menge täuschen lassen, sondern immer auf die Konsistenz achten. Nur wenn man eindeutig Lungeschweiß hat, ist mit einer Totsuche zu rechnen. Ansonsten bedeutet Schweiß nur, dass das Stück getroffen wurde. Und trotzdem wird der Hundeführer durch jeden Schweißtropfen den er findet, wie durch Geisterhand weiter nach vorne getrieben.

Doch wenn das ersehnte Stück nach 100 – 150 m nicht am Boden liegt, sollte sich eine wichtige Frage ins Bewusstsein des Hundeführers schieben: Was ist, wenn das Stück noch lebt?!

Kann mein Hund das flüchtende Reh fangen? Hetzt und stellt mein Hund zuverlässig die gefundene Sau? Was ist, wenn mein Hund durch die Sau angegriffen wird? Ist er geschützt? Kann er sich wehren? Kann er so ausweichen, dass ihm nichts passiert?

Hierzu ein kleines Beispiel: Ein Hundeführer hatte in der Nacht die Nachsuche auf eine Sau aufgenommen. Von Anfang an fanden sich alle paar Meter Schweißtropfen und er war sich sicher, dass er gleich am verendeten Stück sein würde. Nach rund 200 m verlor sich plötzlich die Schweißspur und er brach die Nachsuche ab. Am nächsten Tag konnten wir die Sau finden – nur 50 m von der Stelle entfernt, an der er abgebrochen hatte! Verständlicherweise ärgerte er sich der Hundeführer, dass er die Nachsuche, so kurz vor dem Ziel, abgebrochen hatte. Sein Hund hätte die Sau bestimmt gefunden.

Doch die anschließende Bestimmung des Todeszeitpunktes brachte eine andere Erkenntnis: Die Sau war erst 3,5 – 4 Stunden nach dem Schuss verendet. D. h. zum Zeitpunkt der nächtlichen Nachsuche hat das Stück noch gelebt! Wäre der Hund in der Nacht an die noch lebende Sau gekommen, hätte alles mögliche passieren können. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre die Sau noch über eine große Distanz geflüchtet. Vielleicht wäre der Hund verletzt oder gar getötet worden. Vielleicht hätte der Hundeführer Schaden genommen. Nur eines ist so gut wie sicher: Man hätte das Stück in der Nacht nicht zur Strecke gebracht und die Nachsuche am nächsten Morgen wäre erheblich erschwert worden. Daher war das Abbrechen in diesem Falle die einzig richtige Entscheidung!

Mein Respekt gilt jedem Hundeführer, der es trotz aller Euphorie schafft, den richtigen Zeitpunkt zum Aussteigen zu finden. Und mein Respekt gilt jedem Hundeführer, der – ganz gleich wie es vorher  gelaufen ist – die Größe hat und Verstärkung anfordert, wenn es mal nicht geklappt hat. Das nenne ich verantwortungsvolles Jagen!